Gerichtsverwertbarkeit von Videobildern

Fachartikel aus PROTECTOR Special Videoüberwachung 2010, S. 50

Unverfälschte Beweiskraft

Ein Einbruch ist passiert, der Ärger um den entstandenen Schaden ist groß. Zum Glück besitzt man eine Videoanlage, mit der sich der Vorfall sicher aufklären lässt. Doch oftmals folgt beim Betrachten der Bilder die große Ernüchterung: Man sieht, dass ein Diebstahl stattfindet, den Täter kann man auf dem Video allerdings nicht erkennen. Und dabei hatte man doch extra das Gerät gewählt, dessen Aufnahmen laut Beschreibung „vor Gericht zugelassen sind“. Was verbirgt sich eigentlich hinter dem Begriff „Gerichtsverwertbarkeit“ und was muss man als Anwender beachten?

Bild: Dallmeier
Die richtige Technik richtig installiert und dazu noch der Nachweis, dass die Bilder manipulationsgeschützt sind – das sind die wichtigsten Punkte, die es beim Thema „Gerichtsverwertbarkeit von Videoaufzeichnungen“ zu beachten gilt. (Bild: Dallmeier)

„Gerichtsverwertbarkeit“ heißt, dass die Videoaufnahmen als Beweismittel vor Gericht anerkannt und zugelassen sind. Um dies zu bestätigen, gibt es ein Zertifikat, das von LGC Forensics, früher bekannt als Kalagate, ausgestellt wird. LGC Forensics prüft, ob der Recorder über einen Verschlüsselungsschutz verfügt, der vor Fremdzugriff in das „geschlossene“ System schützt und eine Manipulation von außen verhindert.

Außerdem müssen die Aufzeichnungsgeräte fälschungssicher gestaltet werden, um die Unverfälschtheit der Bilder nachzuweisen. Kurz gesagt: Es muss sichergestellt werden, dass die Bilder auf dem Weg vom Aufzeichnungsgerät bis zum Gericht nicht verändert wurden, zum Beispiel bei der Auslagerung auf CD.

Wasserzeichen

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, einen Manipulationsversuch zu verhindern. Ein Verfahren besteht darin, ein elektronisches Wasserzeichen einzubauen. Das heißt: Es werden gewisse Informationen, so genannte Wasserzeichen, beim Schreibprozess auf den Recorder mit in das Bild eingebunden. Versucht man später, das Bild in irgendeiner Weise zu bearbeiten oder zu verändern, wird das Wasserzeichen automatisch gelöscht. Um die Unverfälschtheit der Bilder nachzuweisen, genügt eine Überprüfung, ob das Wasserzeichen noch vorhanden ist.

Die Bestätigung über die „Gerichtsverwertbarkeit“ der Bilder beschäftigt sich also nur mit dem Weg vom Aufzeichnungsgerät zum Gericht – es sagt aber nichts darüber aus, welche Qualität die Bilder haben.

Wahl der richtigen Technik

Die Wahl der richtigen Technik spielt also eine wichtige Rolle. Bereits bei der Entscheidung für eine bestimmte Kamera sollte man sich Gedanken machen, was man später eigentlich mit den Bildern erreichen will. Also: Will ich wahrnehmen, detektieren, erkennen oder gar identifizieren? Wahrnehmen heißt: Man beobachtet, dass da „etwas“ ist.

Bei einer Detektion sieht man, dass es sich um einen Menschen und nicht etwa um ein Tier handelt. Noch genauer ist die Erkennung, also: Es ist eine Frau und kein Mann. Die detaillierteste Stufe schließlich ist die Identifizierung: Man erkennt, dass es sich um „Frau XY“ handelt.

Solche Überlegungen muss man vor der Installation einer Überwachungsanlage anstellen. Wenn man beispielsweise nur einen groben Überblick über einen weitläufigen Parkplatz haben will, darf man später nicht erwarten, ein einzelnes Nummernschild erkennen zu können.

Pixel bleibt Pixel

Gerade in Bezug auf die neue High-Definition-Technologie (HD) kommt es häufig zum so genannten „Pixel-“ oder „Auflösungsirrtum“. Mit einer hochwertigen HD-Kamera, die im 16:9 Bildformat aufnimmt, hat man einen größeren Bereich im Blick als mit einer herkömmlichen Standard-Definition-Kamera (SD) – bei einer Tankstelle sieht man jetzt vielleicht alle drei Tanksäulen, wo man vorher nur zwei im Bild hatte.

Eine hervorragende Tiefenschärfe und ein Auflösungsgewinn gegenüber 4CIF sind weitere Vorteile, auch der Zoom bietet entsprechende Möglichkeiten. Für eine Übersichtskamera sind das hervorragende Eigenschaften – aber kein „Allheilmittel“. Um beispielsweise ein Gesicht identifizieren zu können, muss das Gesicht im Bild mindestens eine Breite von 150 Pixel aufweisen – das gilt für Standard-Definition genauso wie für High-Definition.

Wo man früher also entsprechende Berechnungen anstellte, um das passende Objektiv auszuwählen, wird dies bei HD-Technologie oftmals vernachlässigt – „man kann ja zoomen“. Aber letztendlich gilt: Pixel bleibt Pixel, da hilft auch der beste Zoom nichts. Wenn das Ziel also „Identifizierung von Personen“ lautet, sollte sichergestellt werden, dass die tatsächliche Pixelgröße, die für die Identifizierung eines Gesichts nötig ist, auch erreicht wird.

Lichtempfindlichkeit

Ein weiterer Punkt: Je mehr Pixel eine Kamera hat, desto weniger lichtempfindlich ist sie! In der Regel wird man bei Nachtsituationen mit einer Megapixelkamera schlechtere Ergebnisse erzielen als mit einer SD-Kamera.

Oft treten bei Megapixelkameras Wischeffekte bei Bewegung auf – um dies zu vermeiden, kann man kürzere Verschlusszeiten wählen, sollte aber bedenken, dass dann wiederum ausreichend Licht nötig ist. Apropos Licht: Wenn die Kamera extremen Lichtbedingungen ausgesetzt ist, zum Beispiel starkem Gegenlicht durch große Glasfassaden, sollte man sicherstellen, dass sie solche Situationen auch meistern kann, denn oftmals ist ein hohes Dynamikverhalten wichtiger als die Anzahl der Pixel.

Man sollte auch abwägen, ob die Beobachtung aus mehreren Perspektiven besser ist als ein einziger weitwinkliger Blickwinkel mit HD oder Megapixel. Beim Errichten einer Videoanlage sollte immer die beste Technik für die jeweilige Anforderung geplant werden.

Neben der Kamera ist natürlich auch die Wahl des passendes Aufzeichnungsgerätes von Bedeutung. Kann der Recorder in genügend hoher Auflösung aufzeichnen? Arbeitet das Gerät zuverlässig und bietet eine hohe Ausfallsicherheit? Denn was nützt es, wenn die Bilder vor Gericht zugelassen sind, der Recorder im entscheidenden Moment aber gerade ausgefallen ist?

Richtige Installation

Selbst die beste Technik nutzt nichts, wenn sie falsch installiert wurde. Wenn das Gesicht des Kunden, der an der Kasse zahlt, erkannt werden soll, muss die Kamera in einem möglichst flachen Winkel zum Gesicht angebracht werden. Wird sie hingegen an der Decke montiert, kann man zwar den Hut oder Scheitel des Kunden erkennen, aber – vorausgesetzt er sieht nicht zufällig nach oben direkt in die Kamera – nicht sein Gesicht.

Ein anderer Aspekt: Je größer die Brennweite, desto höher ist der tote Winkel vor der Kamera. Im ungünstigsten Fall könnte das heißen: Man sieht auf den Aufzeichnungen, dass weiter hinten im Laden gerade etwas Verdächtiges passiert, kann die Person auf die Entfernung allerdings noch nicht identifizieren. Sobald sie sich aber der Kamera nähert, steht sie im toten Winkel und wird von der Kamera überhaupt nicht mehr erfasst.

Dies sind nur zwei Beispiele von vielen, die in der Praxis leider immer wieder vorkommen. Dabei könnten solche Fehler leicht vermieden werden, wenn man sich bereits im Vorfeld Gedanken macht, was man mit den Bildern erreichen will.

Die richtige Kombination macht’s

Die richtige Technik richtig installiert und dazu noch der Nachweis, dass die Bilder manipulationsgeschützt sind – das sind die wichtigsten Punkte, die es beim Thema „Gerichtsverwertbarkeit von Videoaufzeichnungen“ zu beachten gilt.

Gerade neue Technologien, wie etwa Megapixel- oder High-Definition-Kameras, bieten zahlreiche Möglichkeiten und Vorteile. Immer vorausgesetzt natürlich, dass sie richtig eingesetzt werden. Vor einer Kaufentscheidung sollte man sich also genau überlegen, welches Ziel man mit der Überwachung eigentlich erreichen will und die Anlage entsprechend planen.

Armin Biersack, Manager Application Engineering bei der Dallmeier Electronic GmbH & Co. KG

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