Systeme zur Videoanalyse

Fachartikel aus PROTECTOR Special Videoüberwachung 2012, S. 44 bis 45

Videoanalysesysteme im Überblick

Gar nicht mal so dumm

Ist eine Kamera lediglich in der Lage, in die Gegend schauen? Gerne würde man dieser noch viel mehr Aufgaben übertragen, die die Sicherheit und Funktionalität erhöhen, Fehlalarme verringern und Prozesse automatisieren. Da muss es doch eine Möglichkeit geben. Oder etwa nicht?

Bild: CBC

Zählen von Fahrzeugen, auch in unterschiedlichen Richtungen. (Bild: CBC)

Und ob, die gibt es. Vor nicht all zu langer Zeit übernahmen erweiterte Bildanalysefunktionen separate Geräte. Mit eigener Stromversorgung. Mit eigener Verkabelung. Dadurch war es aber möglich, beispielsweise komplexere Alarmszenarien zu kreieren. Trotzdem war die Auswertung mitunter mühselig, ebenso die Einrichtung und Justierung der gesamten Anlage.

Mittlerweile setzt sich IP-Technik im CCTV-Sektor immer mehr durch. Das Fortschreiten der digitalen Technik und insbesondere der stark erhöhten Rechenleistung auf kleinsten Chips bringt eine Menge Vorteile mit sich. Nicht nur, dass Auflösungen im Megapixelbereich seit einer Weile machbar sind, auch bessere Komprimierungscodecs im Hinblick auf Netzwerklast und Bildqualität, wie H.264, gehen mit der erhöhten Rechenleistung einher. Und das Beste daran ist, das sich sämtliche Technologie direkt im Kamera- oder Encodergehäuse unterbringen lässt. Somit ist kein weiteres Gerät vonnöten, was Kosten und Installationsaufwand reduziert.

Gezielter und sinnvoller Einsatz von Rechenleistung

Ein alter Hut, dafür Allseits bekannt, ist die simple Bewegungserkennung. Ein Vergleich von zwei Bildern genügt, und das System – sei es Kamera oder Recorder – erkennt eine Veränderung und reagiert dementsprechend mit einem Alarm oder beginnt eine Aufzeichnung. In vielen Fällen ist diese sehr einfache, auch rasch einzurichtende Bildanalyse ausreichend. Je nach Gerät gibt es verschiedene Einstellungsmöglichkeiten bezüglich des zu überwachenden Bereichs und der Sensitivität. Fehlalarme lassen sich zumeist auf ein Minimum reduzieren, sofern man sich in Innenbereichen bewegt. Trotzdem ist auch hier Sorgfalt geboten, um nicht ins andere Extrem zu gelangen, nämlich der Nicht-Erkennung einer Bewegung.

Bleiben wir noch bei der Bewegungserkennung und wechseln nach draußen: Unter bestimmten Umständen kann diese schnell an ihre Grenzen gelangen. Das klassische Beispiel ist das Herausfiltern von Blattwerk. Für eine „normale“ Bewegungserkennung ist dies meist nicht realisierbar, wodurch unnötige Fehlalarme entstehen. Anders die bedeutend schlauere Videoanalyse: Diese lässt derlei Bewegungen außer Acht. Die Sonne, die plötzlich hinter den Wolken erscheint, ändert die Beleuchtung massiv, wodurch eine Bewegungserkennung anschlagen kann. Auch hier denkt die VCA (Video Content Analysis) nicht daran, einen unnötigen Alarm zu generieren.

Bild: CBC

Klassifizierung von Objekten. (Bild: CBC)

Ein weiteres Beispiel wäre eine Wasseroberfläche. Ständige Wellenbewegungen sagen der gängigen Bewegungserkennung: Achtung, Bildunterschied, wir haben eine Bewegung erkannt! Eine moderne VCA agiert da cleverer und gibt nur Bescheid, wenn etwas wirklich Wichtiges auf dem Wasser unterwegs ist, ein Boot etwa. Möglich wird all dies durch den Vergleich und die Klassifizierung gleich mehrerer Bilder oder Sequenzen. Personen etwa werden von der VCA erkannt, in einem virtuellen Rechteck „gefangen“ und können im weiteren Verlauf der Bildanalyse optimal verfolgt werden. Verkürzt gesagt, geschieht das durch einen längeren Vergleich des Objekts mit dem Hintergrund.

Die Kamera zählt

Zu einer „richtigen“ Videoanalyse gehört allerdings mehr, als eine Bewegungserkennung, die schlauer agieren kann. Möchte ein Ladenbesitzer wissen, wie viele Menschen sein Geschäft betreten, kein Problem. Eine Kamera im Eingangsbereich, wie sie sowieso vorhanden sein sollte, und eine entsprechende Aufgabenzuweisung genügen, und schon fängt die Kamera an zu zählen. Möglich ist in diesem Zusammenhang auch, das nicht nur Menschen gezählt werden, die das Geschäft betreten, sondern es auch wieder verlassen. Interessant könnte ebenso sein, wie viele Menschen einen bestimmten Gang im Geschäft passieren. Womöglich lässt sich so herausfinden, wo Angebote oder lukrative Waren am besten platziert werden sollten.

Videoanalyse ist aber kein Allheilmittel. Insbesondere im oben beschriebenem Szenario kann es zu Fehlern kommen. Nämlich dann, wenn Menschen eng gedrängt das Geschäft betreten würden und somit die Kamera nicht in der Lage ist, viele Personen auseinander zu halten. Das so genannte „Tailgaiting“ zu entdecken, gelingt dabei schon bedeutend besser. Damit ist gemeint, das zwei Personen eine Durchlasskontrolle beispielsweise dicht an dicht gemeinsam durchschreiten wollen.

Hin und wieder sehen wir auf unseren Reisen zählende Menschen am Straßenrand oder auf Brücken sitzen. Ein möglicherweise sinnvolles Unterfangen, sofern es sich um eine einmalige Aufnahme einer Statistik handelt. Längerfristige Zählungen lässt man aber besser von der Videoanalyse unternehmen. Die arbeitet bei Tag und bei Nacht, auch ohne Feiertagsaufschläge. Und ist zudem auch in der Lage, PKW von Bus oder LKW zu unterscheiden. Für bestimmte Auswertungen eine durchaus entscheidende Sache.

Manipulationskontrolle

Noch ein wichtiger Punkt ist die Manipulationskontrolle. Was nützt die beste Kamera und eine perfekte Einstellung, wenn diese mit Farbe besprüht oder einem Tuch abgedeckt wird. Nichts. Es sei denn, sie ist mit Videoanalyse ausgestattet, die genau solche Eingriffe erkennt. Selbstverständlich gibt das Gerät Alarm, damit zeitnah reagiert werden kann. Weitere Manipulationen können das Verstellen des Fokus sein oder ein Wegdrehen. Auch das kann unmittelbar erkannt werden.

Dank verbesserter Auflösungen, Rechenleistung und Algorithmen kommen immer komplexere und neue Funktionen hinzu. So unterstützen einige Geräte die Erkennung von Feuer oder Rauch, was die Anzahl der Einsatzgebiete stark erhöht. Ebenfalls recht neu, aber auch recht interessant, ist die Integration einer Videoanalyse in Thermalkameras. Die Vorteile für bestimmte Situationen einer Thermalkamera sind bekannt, Dunkelheit oder schlechte Wetterbedingungen schränken deren Sicht nicht oder nicht signifikant ein. Mit VCA aufgebohrt, kann eine Thermalkamera Objekte klassifizieren oder Zonen überwachen und erkennen, wann und in welche Richtung diese betreten wird.

Individuelle Anpassung

Hinzu kommt, das die Einrichtung und Konfiguration eines VCA-Systems sehr sorgfältig geschehen sollte. Dies gilt zwar generell für CCTV-Systeme; VCA stellt aber erhöhte Anforderungen. Denn jede Umgebung ist anders und bedarf einer individuellen Anpassung. Insbesondere der Blickwinkel ist von wichtiger Bedeutung. „Plug & Play“ ist derzeit keine Eigenschaft, die VCA mit sich bringt. Glücklicherweise arbeiten die meisten Systeme mit diversen Konfigurationshilfen und -assistenten. Die manuelle Einrichtung wird dadurch erheblich erleichtert. Trotzdem sollte man eine Nachjustierung der installierten Anlage stets mit einkalkulieren.

Gar nicht mal so dumm: VCA kann in vielen Situationen eine sinnvolle Erweiterung sein. Die Anschaffungskosten sind insbesondere im Vergleich zu den Stand-alone-Geräten drastisch gesunken, und dies bei erweiterter Funktionalität. Dadurch, das es sich zumeist um IP-Systeme handelt, gelingt Einrichtung und vor Allem die Auswertung erheblich leichter als noch vor einiger Zeit. Gerade in sensiblen Bereichen, bei denen eine zuverlässigere Kontrolle notwendig ist, kann man die Stärken einer VCA ausnutzen. Die oben genannten Beispiele zeigen aber auch, dass sich das Einsatzgebiet stetig erweitert, und die eben erwähnten gesunkenen Kosten im Verbund mit dem geliefertem Mehrwert lassen neue Marktsegmente erschließen.

Sebastian Grasbon, Produktmanager bei der CBC (Deutschland) GmbH

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