Technischer Stand von Videoanalysesystemen

Fachartikel aus PROTECTOR Special Videoüberwachung 2011

Gefahrenerkennung nicht dem Zufall überlassen

Videotechnik wird immer häufiger mit intelligenter Bildauswertung kombiniert: Software unterstützt die Mitarbeiter in der Leitstelle und reagiert bei Auffälligkeiten automatisch mit einem optischen und akustischen Signal. Videoanalytik arbeitet heute sehr zuverlässig. Es wird in Zukunft denkbar sein, dass sich derzeitige Alarmauslöser, wie Bewegungsmelder, komplett ersetzen lassen.

Bild: Securiton
(Bild: Securiton)

Das Einsatzspektrum für Videotechnik ist breit. Neben der klassischen Grenz- und Arealüberwachung sind Kameras heute auch in vielen Gebäuden fast selbstverständlich. Zunehmend erkennen Firmen die Vorteile von Video etwa in der Qualitätskontrolle von Fertigungsprozessen oder im Arbeitsschutz, zum Beispiel wenn nur eine Person in einem gefährlichen Bereich arbeiten kann und die Tätigkeiten vom Leitstand aus überwacht werden.

Mehr Monitore: Konzentration sinkt rapide

Bilder von immer mehr Kameras sind zu überwachen. Diese Tatsache lässt die Ansprüche an Mitarbeiter von Leitstellen wachsen. Es wird so für das menschliche Auge zunehmend schwerer, Gefahren zu erkennen. Harmlose Vorgänge zu überprüfen, beansprucht viel Zeit und Energie. Es ist erwiesen: Motivation und Aufmerksamkeit der Operatoren sinken nicht linear, sondern überproportional je mehr Monitore und (irrelevanter) Kamera-Output zu sichten sind. Das ist ein Grundgesetz der Arbeitspsychologie. Videoanalyse wird daher zunehmend wichtiger und zu einem unverzichtbaren Instrument.

Bis vor wenigen Jahren gab es im Markt erhebliche Vorbehalte gegenüber der Zuverlässigkeit von Analyse-Software. Entweder produzierte sie so viele Fehlalarme, dass auch bei echten Gefahren das Wachpersonal Alarmen keine Beachtung schenkte („false positive“). Oder das Ansprechverhalten wurde so niedrig eingestellt, dass die Software bei echten Gefahren nicht reagierte („false negative“).

Gute Ergebnisse auch bei schwierigen Umgebungsbedingungen

Die Situation hat sich aber grundlegend geändert. Videoanalytik mit hochwertigen Algorithmen bietet heute sehr zuverlässige Erkennungsquoten bei einer niedrigen Rate von Täuschungsalarmen – auch in herausfordernden Umgebungen. Weniger als 0,1 Fehlalarme pro Kamera und Woche sind heute selbst im Außenbereich möglich. Zwingende Voraussetzung dafür ist, dass die Kameras richtig projektiert und perfekt auf die Umgebungsbedingungen eingestellt sind. Nach wie vor ist dies eine Aufgabe ausschließlich für Video-Profis, an Hand der konkreten Sicherheitsaufgabe ein System wirtschaftlich und technisch optimal zu planen und zu parametrieren. Dabei sind beispielsweise zu beachten:

  • bauliche Bedingungen vor Ort,
  • optimale Auswahl von Sektoren, in denen Veränderungen zu analysieren sind,
  • Definition der Bewegungsrichtung von Objekten in diesen Flächen, die erkannt werden soll/zu ignorieren ist,
  • Veränderungen der Lichtverhältnisse je nach Sonnenstand, auch durch Wolken,
  • tageszeitabhängige Reflexionen auf Fenstern und sonstigen Gebäudehüllen,
  • lokale Wetterverhältnisse (häufig auftretender Regen, Morgennebel, Schnee),
  • Reflexblendungen von Sonnenschein auf Flächen, die kurzfristig entstehen, aber auch wieder verschwinden (zum Beispiel Pfützen).

Videoprofis kennen zudem etliche kleine Kniffe, um für jede Überwachungsaufgabe eine angemessene Lösung zu finden. Soll etwa die Außenhülle eines Gebäudes überwacht werden, empfiehlt es sich, einen Grünstreifen entlang des Gebäudes anzulegen. In der Regel wird diesen niemand betreten, so dass die Alarmrate drastisch sinkt.

Bild: Securiton
Motivation und Aufmerksamkeit der Operatoren in Leitstellen sinken nicht linear, sondern überproportional je mehr Monitore und Kamera-Output zu sichten sind. Videoanalyse wird daher zunehmend wichtiger und zu einem unverzichtbaren Instrument. (Bild: Securiton)

Eine weitere Herausforderung für die Videoanalyse sind Insekten. Outdoor-Kameragehäuse lassen sich oft beheizen, damit in der dunklen Jahreszeit nicht die Beweglichkeit mechanischer Teile nachlässt, die Linse vereist oder mit Kondenswasser beschlägt sowie die Elektronik Schaden nimmt. Manche Kameras bieten warme Hohlräume – die bei Insekten beliebt sind. Zahlreiches Ungeziefer läuft dann über die Linsen und löst einen Fehlalarm nach dem anderen aus. Spezielle Stromvorrichtungen aber vertreiben die ungebetenen und störenden Gäste.

Hochsicherheitsbereiche vertrauen auf Videoanalyse

Nur wenn gut geplant wurde, sind die Ergebnisse überzeugend. Die Resultate sind dann aber so gut, dass heute Anwender auch in Hochsicherheitsbereichen, wie (Kern-)Kraftwerken, forensischen Psychiatrien, Justizvollzugsanstalten, Luftfahrt oder Rechenzentren, Videoanalytik als unverzichtbar bezeichnen. Die mathematischen Algorithmen der Kamera arbeiten dort korrekt und gleichen den Inhalt des aktuellen Bildes mit zuvor definierten Pixel-Mustern im Erfassungsbereich der Kameras ab. So wird es möglich, der Technik verschiedene Routine-Überwachungsaufgaben zu überlassen:

  • Bewegungserkennung (auch nachts mit Infrarot und Thermalkameras).
  • Tracking von Personen und Gegenständen mit Visualisierung im Lageplan.
  • Fortgeschrittene Systeme beherrschen auch Nachführen von Kameras (Schwenken, Neigen, Zoomen) und die Übergabe an die nächste Aufnahmeeinheit (wenn sich die Erfassungsfelder überschneiden). Personen lassen sich dann mit einprogrammierter Zoom-Funktion automatisch in der Bildmitte halten. Es gibt am Markt erste dieser „Auto-Tracking-Systeme“.
  • Sind die Kamera-Standpunkte georeferenziert, also mit ihren tatsächlichen GPS-Koordinaten („Global Positioning System“) im System hinterlegt, können weitere Kameras mit einem Mausklick auf den CAD-Lageplan auf das zu beobachtende Objekt ausgerichtet werden. Binnen kürzester Zeit zeigen sie das Geschehen aus dieser Perspektive. Dieser 3D-Videoüberwachung wird sicherlich die Zukunft gehören.
  • Brandfrühesterkennung, zum Beispiel in Rechenzentren, ist möglich, da Videoanalysesysteme sich ausreichend sensibel einstellen lassen, um minimalste Veränderungen in Räumen ohne Personen zuverlässig zu bemerken.
  • Weitere Funktionen können etwa „Loitering“ (Erkennen herumlungernder Personen), Graffiti-Detektion, Erkennen über einen längeren Zeitraum nicht bewegter Objekte (zum Beispiel Koffer) und Privacy Protection (Verschleiern von Bildbreichen, wie Fenstern) sein.
  • Multi-Site-Management (Verschiedene Sub-Zentralen an liegenschaftsübergreifenden Standorten lassen sich zusammenschalten) und Multi-Streaming (Bildströme in unterschiedlicher Auflösung und Kompression) sind zwar keine Analyse-Funktion, bieten aber viele Vorteile. Vor allem Multi-Streaming ist in vielen Software-Paketen enthalten.
  • Immer besser können auch Gegenstände erkannt werden, die sich sehr langsam nähern. Bis vor kurzem war das ein immenses Problem. Seit kurzem lassen sich auch Objektgeschwindigkeiten von etwa zwei Zentimetern pro Sekunde detektieren.

Techniker arbeiten momentan weltweit daran, den Pixelstrom immer perfekter um beschreibende Elemente („Metadaten“) im XML-Format zu erweitern. Das wäre der nächste Quantensprung in der Videoanalytik: Videoströme lassen sich dann nach bestimmten Auffälligkeiten durchsuchen – in kürzester Zeit ist so etwa festzustellen, ob ein bestimmtes Muster (also zum Beispiel Objekt A) zu einem anderen Zeitpunkt oder von einer anderen Kamera schon einmal gesehen wurde.

Analoge Bestandskameras upgraden

Für all diese Aufgaben ist digitale Technik unverzichtbar. Viele Anwender vergessen jedoch, dass sich auch analoge Bestandskameras nachrüsten und so veredeln lassen. Wenn Encoder deren Bilder digitalisieren, können die Daten aus analogen Kameras mit Videoanalyse-Software ausgewertet werden. Auch Altanlagen bieten dann Sicherheit 2.0.

Markus Strübel, Marketingleiter bei der Securiton GmbH

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ViSiTec Video-Sicherheit-Technik GmbH

Wärmebildkameras und Videodetektion

Fachartikel aus PROTECTOR 6/2010, S. 26 bis 27

Ein Fall für zwei

Dort, wo konventionelle Kameras an ihre Grenzen stoßen, wird es Zeit für den Einsatz von Wärmebildkameras. Im Bereich der professionellen Freilandsicherung und speziell bei kritischen Infrastrukturen sind bei der Videoüberwachung Lösungen notwendig, die praktisch unter allen Sicht- und Wetterbedingungen einsetzbar sind.

Wärmebildkameras, auch Thermalkameras genannt, detektieren Personen und Objekte bei völliger Dunkelheit, im Nebel oder Rauch. Sie machen sichtbar, was unsere Augen nicht sehen können. Wärmebildkameras erzeugen ähnlich wie konventionelle Kameras ein Videobild, allerdings unter Verwendung von Wärmestrahlen.

Bild: Aasset
Mit Wärmebildkameras hinter die Kulissen sehen: Visualisierung einer im Gebüsch versteckten Person. (Bild: Aasset)

Jeder Körper, der wärmer ist als 0 Kelvin oder -273,15 Grad Celsius, sendet Wärmestrahlen aus. Sogar kalte Gegenstände, wie beispielsweise Eiswürfel, strahlen Wärme ab. Je höher die Temperatur eines Objektes, desto mehr Wärmestrahlung gibt es ab.

Temperaturunterschiede darstellen

Eine Wärmebildkamera ist prinzipiell wie eine konventionelle CCD-Kamera aufgebaut, wobei die für den Menschen nicht sichtbaren Wärme- beziehungsweise Infrarotstrahlen durch ein spezielles Germanium-Objektiv auf einen Bildsensor geleitet und in elektrische Signale umgewandelt werden.

Die Signale werden von einem digitalen Bildprozessor in ein normgerechtes Videosignal gewandelt, woraus anschließend ein Wärmebild erzeugt wird. Temperaturverteilungen auf Flächen und Gegenständen können durch dieses berührungslose Messverfahren erfasst und dargestellt werden. Zu beachten ist, dass Wärmebildkameras keine Temperaturen erkennen können, sondern lediglich Temperaturunterschiede darstellen.

In der Sicherheitsbranche sind die Einsatzbereiche vielfältig, denn Wärmebildtechnologie besitzt Vorteile, die keine andere Technologie bieten kann: Sehen in völliger Dunkelheit, Sehen von Wärme und thermischer Energie und Sehen bei extremen Sichtbedingungen – mit größerer Detektionstiefe und geringerem Stromverbrauch als bei herkömmlichen Kameras. Daher finden Thermalkameras besonders in der Sicherheitsbranche bei militärischen Anwendungen, Videoüberwachung und Brandbekämpfung vermehrt Zuspruch, da geringere Störeinflüsse vorhanden sind.

Auch für widrige Wetterbedingungen

Wettersituationen, wie Nebel, Regen oder Schnee, Reflexionen durch Wasserflächen, Sichtbehinderungen durch Sträucher und Büsche oder Blendungen durch Scheinwerfer und Lichtkegel sowie Rauchentwicklung, beeinträchtigen das Wärmebild weniger als bei herkömmlichen optischen Videokameras.

Personen und Gegenstände werden deutlich schneller und selbst unter widrigen Umgebungsbedingungen sichtbar. Dadurch lassen sich mögliche Bedrohungen oder Angriffe frühzeitig erkennen und es bleibt mehr Zeit zu reagieren.

Als äußerst diskrete Überwachungsmöglichkeit machen sie teure Extraausstattung wie Infrarotstrahler und Beleuchtung überflüssig. Jedoch ermöglicht der ausschließliche Einsatz von Wärmebildkameras nur ein Detektieren, also Erfassen einer Bewegung im Bild.

Zwar ist für den Betrachter erkennbar, ob sich eine Person oder ein Objekt im Videobild bewegt und bei einer geringen Distanz lassen sich diese auch von anderen unterscheiden, doch ist zum Erkennen und Identifizieren von Personen und Objekten oder zum Auslösen eines Alarmes der Einsatz weiterer Technik notwendig.

Verbindung mit Videosensorik

Erst in Verbindung mit Videosensorik inklusive Trackingfunktion kann die Wärmebildtechnologie all ihre Vorteile entfalten. Idealerweise findet Videosensorik Einsatz bei Sicherheitsanwendungen mit vielfältigen Überwachungsaufgaben, beispielsweise zur Sicherung von weitläufigen Fabrikgeländen, Speditionen, Parkplätzen, Bahnhöfen oder Flughäfen.

Bild: Aasset
Tracking von Personen mittels Videoanalyse und Wärmebildkameras in unterschiedlichen Anwendungen. (Bild: Aasset)

Videosensorik ist eine Art künstliche Intelligenz, die Objekte identifizieren und verfolgen kann, da sie Verhaltensmuster „versteht“ und entsprechende Objekte klassifiziert.

Videosensorik ermöglicht es Videoüberwachungssystemen, definierte visuelle Ereignisse eigenständig zu erkennen und entsprechende Aktivitäten, zum Beispiel die Alarmierung von Sicherheitspersonal, auszulösen. Erkennt die Wärmebildkamera eine Bewegung, kann dieses Ereignis unmittelbar gemeldet werden und zwar dorthin, wo es benötigt wird.

Nur durch diese Technologie der selbsttätigen Videoanalyse wird aus einem passiven Überwachungssystem ein strategisch intelligentes Bewachungssystem, das automatisch erkennt und reagiert.

Reaktionszeiten reduzieren

In der Praxis könnte ein Zusammenspiel zwischen Wärmebildkamera und Sensorik so aussehen: Bei völliger Dunkelheit erfasst die Wärmebildkamera eine Bewegung in einem sensiblen Bereich. Die Videosensorik erkennt die Bewegung als Eindringling und verfolgt seine Schritte virtuell. Betritt er nun eine vorab definierte Sicherheitszone, schlägt das System Alarm und informiert das Wachpersonal über den ungebetenen Gast.

So lassen sich Reaktionszeiten reduzieren und es bietet sich die Möglichkeit einer permanenten Überwachung, die über menschliche Fähigkeiten hinaus geht – das Sicherheitspersonal hat dadurch mehr Zeit für andere Aufgaben und der notwendige Speicherplatz für Videobilder wird auf ein Minimum reduziert. Problemlos können solche Sensorik-Einheiten in bestehende Innen- sowie Außenüberwachungsanlagen integriert werden.

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