Videoüberwachung: Fachmännische Planung

Fachartikel aus PROTECTOR Special Videoüberwachung 2011, S. 40 bis 41

Einsatz von Videoüberwachung

Fachmännische Planung ist alles

Videoüberwachungsanlagen liefern nicht immer das, was in ausschweifenden Worten versprochen wird. Das liegt aber nicht immer am Produkt, sondern häufig an der Planung. Denn auch hier gilt: Fachmännische Planung ist alles und „Geiz ist geil“ nichts.

Bild: Peter Jenni
Kameras einer Videoüberwachungsanlage: Je nach Schutzziel bringt die eine oder andere Technik das optimale Resultat – auswertbare Bilder. (Bild: Peter Jenni)

Videoüberwachungsanlagen boomen. Egal ob im privaten Umfeld oder im professionellen Sicherheitsbereich: Mit Megapixeln und Video over IP umgarnen vom Discounter bis zum High-Tech-Lieferanten die Anbieter von Objektiven, Kameras und Aufzeichnungsgeräten die Kundschaft. Da wird es selbst für den Sicherheitsfachmann schwierig, denn im Grundsatz gilt: „Videoüberwachung schützt nicht. Der Videoeinsatz ist nur ein Teilbereich eines Sicherheitskonzeptes. Video ist passiv, außer bei der bedienten Überwachung.“ Wozu also eine Videoüberwachungsanlage? Und welche Anforderungen müssen im Minimum erfüllt sein, damit eine Videoüberwachungsanlage ihren Zweck auch erfüllt?

Einer, der es wissen muss

PROTECTOR fragte einen, der es wissen muss. Roland Bachofner, Sachbearbeiter im Fachbereich Bild und Daten beim Forensischen Institut Zürich, einer Organisation der Kantonspolizei und der Stadtpolizei Zürich, wertet Tag für Tag Bilder von Videoüberwachungsanlagen aus. Sein Fazit ist ernüchternd: „Die Polizei hat das vordringlichste Ziel, die Täterschaft zu identifizieren und zu überführen. Aus dieser Sicht können 50 bis 80 Prozent der Anlagen die Qualitätsanforderungen zur Erfüllung dieses Ziel nicht erreichen und sind in Bezug auf ein definiertes Schutzziel optimierungsbedürftig.“ Das heißt: Meist stellt der Geschädigte erst nach einem Ereignis fest, dass und wie die Anlage hätte besser eingestellt werden können. Ob dieses Ereignis dann zur Optimierung der Anlage führt, ist allenfalls erst bei einem nächsten (möglicherweise anders ausgeführten) Delikt ersichtlich.

Unbrauchbare Bilder

Viele der Bilder, die er zur Analyse auf seinen Bildschirm kriegt, sind nur bedingt auswertbar oder anders ausgedrückt: In sehr vielen Fällen können nur gerade 20 bis 60 Prozent der Fragen zum Delikt, dem Tathergang und der Täterschaft auf Grund der aufgezeichneten Ereignisse beantwortet werden. Das ergibt für die Fahndung oder die Tatrekonstruktion eine erschreckend kleine Erfolgsquote. Schlechte Ausleuchtung, falsche Blende, zu hoher Kontrastumfang, schnelle Bewegungen, falsche Brennweite, Unschärfe (falscher Fokus) und zu wenig Bilder pro Sekunde sind für den Bildforensiker absolute „no goes“ und sind die häufigsten Faktoren für mangelnde Auswertbarkeit.

Für die polizeilichen Ermittlungen stehen folgenden Fragen im Vordergrund: Wie viele Täter waren beteiligt, wie sind sie vorgegangen, was haben sie berührt, was haben sie für Kleidung getragen, kann ein brauchbares Signalement erstellt werden (wie Geschlecht, Größe, Haare, Alter, Statur, individuelle Merkmale)? Je besser die Qualität des Untersuchungsmaterials ist, umso mehr Fragen können beantwortet werden und umso größer wird die Wahrscheinlichkeit, dass die Täter wiedererkannt und im besten Fall identifiziert werden können.

Bedingte Optimierung

Eine einzelne aufgezeichnete Tat kann leider erfahrungsgemäß wenige der oben erwähnten Fragen auf Grund von Sequenzen aus Überwachungsvideos beantworten. „Es ist so, dass mit zunehmenden gleichartigen Delikten, immer mehr Fragen beantwortet und das Täterprofil besser ausgearbeitet werden kann. Dies, weil verschiedene Überwachungsanlagen zusammengenommen ein breiteres Bild eines Wiederholungstäters aufzeigen können und durch die Abweichung der Schutzziele andere Videosequenzen aufgezeichnet werden“, erklärt Bachofner.

Er könne zwar mit Bildbearbeitungsprogrammen die eine oder andere Optimierung vornehmen, da und dort etwas schärfer, heller oder kontrastreicher stellen oder mehrere Standbilder ineinander integrieren aber: „Pixel können nur anders angeordnet werden. Was nicht auf dem Bild ist, kann auch ich nicht sichtbar machen.“ Als Beispiele nennt er den weiß hinterlegten, übergroßen Datumsstempel im unteren Bilddrittel, der genau die Autonummer abdeckt, die zur Identifizierung des Tankstellenbetrügers hätte führen sollen. Oder jenen Bildausschnitt, der auf mehr als der Hälfte eine Mauer zeigt oder jener, auf dem nur Aktionsplakate zu sehen sind, weil die Marketingabteilung die Ausverkaufsplakate genau vor die Überwachungskamera gehängt hatte. Aber auch stark unter- und überbelichtete Bilder gehören in diese Kategorie.

Will man auf einem brauchbaren Bild „etwas wahrnehmen“, so sind gemäß Bachofner etwa fünf Prozent Bildanteil notwendig. Für eine erfolgreiche Detektion (zum Beispiel einer Autonummer) braucht es bereits zehn Prozent des Bildes, um Personen zu erkennen (ob Mann oder Frau) benötigt man rund einen Viertel des Bildinhalts und soll eine Identifikation erfolgen, sind 80 Prozent Bildanteil erforderlich.

Gutes kostet

Um Fehlbilder (nicht verwertbare Bilder) zu vermeiden, gibt es ein paar Grundsätze, die gemäß Bachofner unbedingt beachtet werden müssen: Ausreichend Licht, Unter- oder Überbelichtung sowie Gegenlicht und Unschärfe vermeiden, genügend Kontrast, das Beschlagen (Anlaufen) oder die Verschmutzung der Linse und der Schutzabdeckung sind zu verhindern und ein optimaler Bildausschnitt zu wählen. Wird Bachofner auf die einzusetzende Technik angesprochen, versiegen seine Ratschläge.

Nicht weil er sich darin nicht auskennt, sondern, weil je nach Schutzziel die eine oder andere Technik das optimale Resultat garantieren kann, und er sich vor allem auf das Endprodukt, das Standbild fokussiert. „Eine Überwachungsanlage kauft man nicht für die eigene Sicherheit, sondern für Sicherheitsfirmen, Polizei, Staatsanwaltschaft und Gerichte, also im weiteren Sinne für mich“, lacht Bachofner und ergänzt: „Man kann gerade beim Kauf einer Videoüberwachungsanlage viel falsch machen.“ Er rät deshalb: „Wenden Sie sich an ausgewiesene Fachleute. Lassen Sie sich was sagen. Lassen Sie sich nicht von Ängsten leiten. Denn Fernsehsendungen sind keine Referenz. Und auch hier gilt: Gutes kostet.“

Peter Jenni

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